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Kinder brauchen starke Eltern – auch in der Medienerziehung

Schauplatz: Elternabend an einer weiterführenden Schule zum Thema „Medienerziehung“. Die erste Elternfrage lautet wie nach jedem dieser Vorträge:

„Das ist alles total wichtig, aber wie kommen diese Infos jetzt an unsere Kinder?“ – „Na durch Sie!“ – „Das geht nicht, die nehmen mich nicht ernst, das muss die Schule machen!“

Dieser kurze Dialog bringt ein Kernproblem der heutigen Erziehung auf den Punkt: Viele Eltern wollen heute „die besten Freunde“ ihrer Kinder sein, setzen dementsprechend wenige Regeln und Grenzen, sind häufig nicht konsequent bei deren Umsetzung und erlauben „aus Freundschaft“, weil sie „auf Augenhöhe“ argumentieren und weil sie keine Lust auf permanente Diskussionen haben Dinge, die letztlich zu ungewollten negativen Konsequenzen für die Kinder führen.

Wenn man einem Kind unter 16 Jahren ein Smartphone für mehrere hundert Euro schenkt und dann von der Schule einfordert, sie solle nun bitteschön dem Kind beibringen, wie man kompetent, überlegt und verantwortungsvoll damit umgeht, ist das, als würde man ihm ein Motorrad kaufen und von der Schule verlangen, die Führerscheinausbildung durchzuführen und zu bezahlen. Auf diese Idee käme natürlich kein Mensch, aber beim Thema Handy und Internet wird die Verantwortung von der Mehrheit der Eltern wie selbstverständlich abgeschoben.
Medienerziehung ist aber glasklar in erster Linie Elternsache, so wie Medienbildung Auftrag der Schule ist – im Idealfall erziehen die Eltern und die Schule sorgt für die Bildung. Da diese Arbeitsteilung nicht immer perfekt funktioniert, müssen beide Seiten einen Teil der Defizite aufarbeiten, die auf der jeweils anderen Seite entstehen, wenn etwa Eltern bei den Hausaufgaben helfen müssen oder Lehrer versuchen, ihren Schülern Höflichkeit und Respekt zu vermitteln.
Da die meisten Eltern nur sehr unzureichend Medienerziehung leisten, sehen sich die Schulen gezwungen, diese Defizite aufzuarbeiten, weil die daraus resultierenden Probleme immer deutlicher bei ihnen  einschlagen, aber hier fehlt es einerseits an medienkompetentem Personal, schließlich gehören Lehrer und Eltern derselben nicht-digitalen Generation an, und andererseits an den nötigen zeitlichen und finanziellen Ressourcen.

Dass Eltern nicht respektiert und ernst genommen werden, wenn sie sich als Freunde ihrer Kinder sehen und „auf Augenhöhe“ mit ihnen agieren wollen, ist nicht verwunderlich. Wo soll dieser Respekt auch herkommen, wenn man seine Eltern im Griff hat, sich mit der nötigen Portion Ausdauer im Fach Jammern und Nerven und dem Killerargument „alle anderen haben/dürfen das“ regelmäßig durchsetzen kann, und bei Regelverstößen und Grenzüberschreitungen keine nennenswerten Konsequenzen folgen? Kinder brauchen starke, geradlinige und konsequente Eltern, die Flagge zeigen, Verantwortung für Bereich übernehmen, welche die Kinder noch nicht überblicken können, und auch einmal ganz einfach, überzeugend und unemotional NEIN sagen können: „Ich habe gerade NEIN gesagt, welchen dieser vier Buchstaben hast du nicht verstanden?“ Wie soll ein Kind, das nur über einen Bruchteil der Lebenserfahrung seiner Eltern verfügt, ein Gesprächspartner „auf Augenhöhe“ sein? Aus meiner Sicht ist das eine ebenso schöne wie absurde Idee. Für viele Dinge tragen allein die Eltern die Verantwortung, also legen sie auch alleine die Regeln fest – Punkt!

Regeln geben Kindern Orientierung und Sicherheit und schaffen damit auch Selbstvertrauen. Wer ohne klare Regeln und Grenzen aufwächst, fährt wie auf einer Autobahn durch das Leben, auf der die Leitplanken und Fahrbahnmarkierungen ausgeblendet sind, und kollidiert dann zwangsläufig immer wieder mit anderen, die diese Begrenzungen sehen, respektieren und auf deren Einhaltung achten. Auch im Sport kann man nur erfolgreich sein, sich sicher fühlen und selbstbewusst auftreten, wenn man die Regeln kennt und respektiert und weiß, dass man bei groben Regelverstößen vom Platz gestellt werden kann. Und wie beim Fußball können Eltern mit deutlichen gelben Karten bei kleineren Regelbrüchen oft verhindern, dass später die rote Karte gezückt werden muss. Lässt man dagegen kleinere Vergehen immer wieder ohne spürbare Konsequenzen durchgehen, erfahren Kinder keine Grenzen und Konsequenzen ihres Handelns, testen sie weiterhin aus, wie weit sie gehen können und schieben dabei die Grenzen immer weiter hinaus.Völlig unbrauchbar sind in solchen Situationen genervt-enttäuschte Elternsprüche wie „ich hab’s dir doch schon tausend Mal gesagt…“ oder „wie oft soll ich dir das noch sagen?“ Das Kind denkt sich dann: „Tausendeins, tausendzwei, tausendrei… halte ich auch alle noch locker aus, es gab ja bisher keine Konsequenzen und es wird auch weiterhin nichts passieren!“

Logische Folge ist dann in vielen Fällen eine Grenzüberschreitung, die so massiv ist, dass sie von anderen bestraft wird – in der Regel ist das dann die Schule oder auch die Polizei.

Kindern und Jugendlichen fehlt in vielen Situationen der nötige Weitblick, um die Folgen ihres Handelns einschätzen zu können. Sie waren schon immer spontan, impulsiv und risikobereit, insbesondere in der Pubertät. Umso wichtiger ist es heute für Eltern, ihnen digitale Geräte, die spontane Unüberlegtheiten schneller, gravierender und häufig unwiderruflich machen, nicht unüberlegt und ohne klare Nutzungsregeln und Einschränkungen zu überlassen.

Lesen Sie dazu weiter => Liebe Eltern – eine offene E-Mail zum Thema Handynutzung

Zum Thema „starke Eltern, starke Kinder“ gibt es zahlreiche Bücher, u.a. von dem bekannten dänischen Erziehungsberater Jesper Juul.

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