Der Digitalpakt und das KO-Kriterium IT-Support
Mein => Erklärvideo zum Denkfehler im Digitalpakt habe ich hier schon vor einiger Zeit veröffentlicht.
Heute habe ich mir mal die Mitschrift der Anhörung zur Umsetzung des Digitalpakts im Hessischen Landtag vom 21.08.2019 genauer angesehen und die Aussagen der anzuhörenden Experten zum Thema schulischer IT-Support zusammengetragen. Die Botschaft ist unmissverständlich:
Hessischer Landtag, öffentliche Anhörung zur Umsetzung des Digitalpakts, 21.08.2019
Anwesende: 30 Abgeordnete aller Parteien, Kultusminister Alexander Lorz, Digitalministerin Kristina Sinemus, div. MitarbeiterInnen der Landesregierung/Ministerien, 45 Anzuhörende diverser Institutionen und Verbände.
Aussagen der Anzuhörenden zum Thema IT-Support der Schulen: Chaos Computer Club, Lehrerverbände, Eltern- und Schülervertreter, Personalräte, IHK/VhU, Städte- und Landkreistag, Hessische Lehrkräfteakademie/Zentren für Lehrerbildung, etc.
- Dazu gehören auch Aufbau und Weiterentwicklung der Lernplattformen und von Supportstrukturen.
- Was uns noch sehr am Herzen liegt, sind die professionelle Wartung und die ITSicherheit. Klar, das ist ein Thema im Chaos Computer Club. Wir wünschen uns, dass es, wenn jetzt die Strukturen aufgebaut und die Netzwerke komplexer werden, eine professionelle Wartung durch Menschen gibt, die das beruflich gelernt haben, und nicht durch Lehrkräfte, die das noch nebenbei machen sollen.
- Die dritte Frage war, wie das mit dem Support und der Ersatzbeschaffung ist, weil das alles beim Schulträger liegt. – Das ist genau der Punkt, warum wir auf so eine geringe Prozentzahl kommen. Ich glaube, wir haben 30 % als Nummer für digitale Endgeräte hineingeschrieben, einfach weil man sich da einen Riesenklotz ans Bein bindet. Wenn man jetzt viel in die Technologie und in die Infrastruktur investiert, muss man wissen, dass sie auch dauerhaft etwas kosten, und zwar nicht nur fünf Jahre lang, sondern immer, und dass immer wieder Neuanschaffungen nötig sind. Wenn wir lesen, dass die Bankkredite eine Laufzeit von zehn Jahren haben, die Maßnahme aber nur fünf Jahre läuft, wie soll das dann bei der nächsten Folgemaßnahme laufen? Soll sich das aufstauen, und irgendwann kann man sich gar nicht mehr bewegen? Da ist etwas nicht ganz sauber.
- Die vierte Frage betraf die professionelle Wartung und die IT-Sicherheit. Wohin muss die, und wer ist verantwortlich? – Ich bin kein Jurist. Aber uns ist wichtig, dass bei den Ausschreibungen, bei denen es darum geht, die Netzwerke aufzubauen, die Verantwortung letztlich auch bei dem liegt, der die Netzwerke aufbaut.
- Ein weiteres Problem, das schon angesprochen wurde – damit steht und fällt aus unserer Sicht der Einsatz der Millionen aus dem Digitalpakt –, ist der technische Support durch ausgebildetes Fachpersonal, der derzeit an den Schulen nach wie vor ziemlich im Argen liegt.
- Tatsache ist, dass an den Schulen häufig Fehler auftreten und dass diese selten schnell vor Ort gelöst werden können. Mitunter sind Einzelrechner, Zugänge oder ganze Schulnetzwerke stunden- oder sogar tagelang nicht mehr nutzbar, und zwar ganz besonders dann, wenn die Schule in den Genuss der häufig praktizierten zentralen Administration von Netzwerken kommt, wie dies in vielen Städten üblich ist; denn dann dauert es oft sehr lange, bis das Ganze wieder funktioniert.
- Die Folge davon ist, dass die Planbarkeit von Unterricht für die Kolleginnen und Kollegen sehr fragwürdig wird, dass das Ganze oft nicht funktioniert und dass man immer noch ein analoges Gegenmodell in seiner Tasche haben muss, weil man sagen muss: Heute klappt das mit den Computern nicht. Heute müssen wir es irgendwie anders hinbekommen. – Das führt natürlich auch dazu, dass das digitale Lernen an den Schulen nicht die Fortschritte macht, die man sich wünschen würde. Deshalb brauchen wir einen professionellen Support vor Ort. Das ist eine Aufgabe, für die die Lehrkräfte nicht zuständig sind.
- Im Übrigen ist es auch aus ökologischen Gründen wünschenswert, dass die Nutzungsdauer der angeschafften Hardware durch einen professionellen Support möglichst lang ist. Wenn diese Grundlage vorhanden ist, wäre es den Lehrkräften auch möglich, die digitalen Medien optimal im Sinne des Primats der Pädagogik im Unterricht einzusetzen.
- Das zweite Problem ist, dass der Support nicht hinreichend sichergestellt werden kann. Wir weisen darauf hin: Das ist in der Verwaltungsvereinbarung geregelt. Die schließt ausdrücklich aus, dass Personal eingestellt wird, obwohl genau das dringend gebraucht würde. Herr Baumann hat darauf hingewiesen, warum das so ist, warum die Schulen dringend Personal brauchen.
- Es gibt Schätzungen, wie viele Stellen benötigt werden, um einen professionellen ITSupport sicherzustellen, die reichen von 100 bis 300 oder sogar bis 400 Geräte pro Stelle in der IT-Administration. Sie können hochrechnen, wie viele Personen wir bräuchten, um eine ausreichend gute IT-Administration seitens der Schulträger sicherzustellen.
- Unsere Frage ist: Wäre es nicht möglich, zumindest bei den Mitteln, die „on top“ noch draufgegeben werden, anders zu verfahren und zum Beispiel den Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, anstatt ein zehntes Smart Board anzuschaffen, das möglicherweise die Hälfte der Zeit defekt an der Wand hängt, zusätzliches Supportpersonal einzustellen? Denn das brauchen wir dringender als ein oder zwei Geräte zusätzlich.
- Noch zwei Gelingensfaktoren aus unserer Sicht. Erstens – dies wurde auch vom Chaos Computer Club angesprochen –. Wir brauchen einen professionellen Support. Es reicht nicht, jetzt professionelle Supportstrukturen in der Richtlinie festzulegen. Wir brauchen Fachpersonal an den Berufsschulen.
- Ich spitze die Situation ein bisschen zu: Selbst an Berufsschulen, an denen Fachinformatiker ausgebildet werden, sind die IT-Lehrer nicht immer in der Lage, selbst zu warten, weil sie teilweise nicht auf dem Stand der Technik sind. Zudem haben wir längst nicht mehr genügend Fachinformatik- und IT-Lehrer in den Berufsschulen. Unsere Lehrer sind zu kostbar, als dass sie dazu dienen, die Ausstattung und die Struktur zu warten.
- Auch ich unterstreiche den technischen Support, den Frau Dr. Scheuerle und andere schon angesprochen haben. Da sehen wir ebenfalls einen Handlungsbedarf.
- Deshalb fordern wir – wir machen dafür auch einen präzisen Vorschlag –, dass das Land Hessen die 10 %, die es als Pflichtbeitrag bringen muss und sowieso leistet, und die 15 %, die draufgesattelt worden sind, genau für diese Dinge wie Support und Fortbildung einsetzt; denn das sind Gelder, die das Land freiwillig draufgesattelt hat.
- Zunächst einmal muss die Hardware bedienbar sein. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Hardware auch läuft. Die Infrastruktur muss gegeben und im Schulalltag auch zuverlässig sein. Da bin ich, ähnlich wie auch viele andere Vorredner, bei dem Support. Es muss so sein, dass eine Person maximal für zwei Schulen zuständig ist, dass man sie morgens um 8 Uhr anrufen kann, und um 8:10 Uhr ist sie da und kann eventuelle Probleme möglichst schnell lösen. Denn nur wenn die Technik funktioniert, wird sie auch eingesetzt.
- Verschiedentlich wurde schon auf die Wichtigkeit des technischen Supports hingewiesen. An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass es zu Beginn der 80erJahre in der Stadt Offenbach von einem Schulträger, der jetzt nicht im Verdacht steht, über besonders viele Geldmittel zu verfügen, Schulassistenten an den städtischen Schulen gab. Ich denke, um so ein Modell werden wir über kurz oder lang nicht herumkommen.
- Was ist notwendig? Wo fehlt es? Es fehlt auf jeden Fall an der IT-Unterstützung, am Support.
- Wir haben heute von Experten wie dem Chaos Computer Club ganz oft gehört, die Wartung muss Profis überlassen werden. Da sind wir hoffentlich gedanklich alle auf dem richtigen Weg. Wir haben bei den Besuchen an vielen Schulen in Hessen immer wieder verschiedene Konzepte gesehen, bei denen Lehrkräfte in die Wartung integriert waren. Das geht natürlich gar auf keinen Fall.
- Bei uns sind aber auch einige Fragen zur Verwaltung der Technik aufgekommen. Dazu haben wir heute schon viel gehört. Auch hier haben wir eine Mehrbelastung der Lehrkräfte. Wir halten es für nötig und sinnvoll, dass die Lehrkräfte ausreichend Entlastungsstunden bekommen, wenn sie das wirklich übernehmen müssen. Die Lehrkräfte, die das übernehmen, benötigen natürlich auch genügend Kenntnis, um dafür qualifiziert zu sein. Jedoch sprechen wir uns auch dafür aus, dass der IT-Support grundsätzlich von unabhängigen ortsansässigen Unternehmen übernommen wird.
Der IT-Support als Achillesferse des Digitalpakts wurde offenkundig bei dieser Anhörung unmissverständlich dargestellt. Wir werden sehen, ob die Entscheider die nötigen Schlussfolgerungen und Konsequenzen daraus ziehen.
Quelle: http://starweb.hessen.de/cache/KB/20/KPA/KPA-KB-006.pdf
Zitate zusammengestellt von Günter Steppich, www.medien-sicher.de