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Schluss mit der Cybermobbing-Hysterie!

25.07.2013: „Rache im Netz: Ein Drittel der befragten Schüler betroffen!“

Liebe Medienvertreter: Bitte übernehmen Sie nicht immer wieder ungeprüft jede reißerisch aufgemachte Pressemitteilung zum Thema Cybermobbing. Schauen Sie in die Studien hinein, informieren Sie sich, und lassen Sie sich nicht unkritisch vor diesen völlig überzogenen Karren spannen! Die Hysterie der „Generation Kassettenrekorder“ zum Thema Cybermobbing ist absolut unangebracht – natürlich nicht im Hinblick auf die schlimmen Einzelfälle wie Amanda Todd, welche die Öffentlichkeit in den letzten Jahren zurecht alarmiert haben – aber ganz sicher hinsichtlich der vermeintlichen Verbreitung dieses Phänomens, die immens überschätzt wird. Dass es keinen „Flächenbrand Cybermobbing unter Schülern“ gibt, erkennt man, wenn man die im folgenden genannten Studien gründlich liest, sich die Kriterien von Mobbing bewusst macht und – vor allem! – die Realität in den Schulen betrachtet.

Im Mai 2013 ging das „Bündnis gegen Cybermobbing“ mit der Schlagzeile „Schon jeder 5. Schüler Opfer von Cybermobbing“ an die Öffentlichkeit – und rundete dabei die vorgeblich ermittelten 16,6 % vorweg großzügig auf 20 % auf. Ein genauer Blick in die Veröffentlichung zeigte dann, dass gerade einmal 3,3 % der Fälle tatsächlich die Kriterien für Mobbing erfüllten, was in der Praxis auf etwa eine/n Betroffene/n pro Schulklasse hinausläuft. Meine Kritik an dieser Studie habe ich auf dieser Seite bereits ausführlich formuliert, u.a. war es durchaus interessant, dass diese Studie von einer Versicherung finanziert wurde, die Rechtsschutz gegen Cybermobbing verkaufen möchte und dass die wissenschaftliche Leiterin der Studie Schulen Vorträge und Workshops zu Cybermobbing für vierstellige Honorare anbietet.

Nun prescht die Universität Hohenheim am 25.7.13 mit einer noch dramatischeren Pressemeldung vor: „Rache im Netz: Ergebnisse des Forschungsprojekts „Cybermobbing an Schulen“: Ein Drittel der befragten Schüler betroffen / Täter oft auch Opfer„.

„Oh mein Gott“, denkt der erschreckte Leser, die Jugend mobbt sich im Internet in Grund und Boden!“ Doch auch hier folgt die Entwarnung auf dem Fuß, diesmal sogar schon in derselben Pressemeldung:

Am weitesten verbreitet sind beleidigende Nachrichten (14,5 Prozent der Befragten gaben an, beleidigende Nachrichten zu schreiben) sowie das Weiterleiten vertraulicher Informationen an Dritte (7,9 Prozent). Für die breite Öffentlichkeit zugängliche Formen von Cybermobbing, wie das Hochladen peinlicher Bilder und Videos bei YouTube, kommen dagegen eher selten vor (1,9 Prozent). Bei den Opfern von Cybermobbing zeigt sich ein ähnliches Bild: Beleidigungen, das Weiterleiten vertraulicher Informationen und das Verbreiten von Gerüchten sind die am häufigsten berichteten Erfahrungen.

Liebe WissenschaftlerInnen, liebe JournalistInnen, liebe LeserInnen: Nicht jede Beleidigung, Hänselei, spöttische Bemerkung oder Lüge, nicht jedes Gerücht, jeder Vertrauensbruch ist unweigerlich Mobbing, nur weil es online bei Facebook, Skype oder WhatsApp passiert!
Führen Sie zur persönlichen spontanen Entwarnung einfach einmal folgende „Studie“ durch: Gehen Sie in eine beliebige Klasse zwischen Klassenstufe 7 und 10 und fragen Sie, wer schon einmal im „analogen“ Leben, also von Angesicht zu Angesicht, per analogem Telefon oder Schmierzettel unter der Schulbank beleidigt, verspottet, gehänselt, verleumdet oder verraten wurde. Fast die komplette Klasse wird die Hand heben! Und nun fragen Sie, wem dasselbe schon einmal online passiert ist – der größte Teil der Hände wird wieder heruntergehen. Die Schüler werden bei diesen Fragen freimütig die Hände heben, weil es hier gar nicht um Mobbing geht und sie sich nicht vor den anderen als Mobbingopfer outen müssen. Wirkliches Mobbing/Cybermobbing kann man natürlich nicht per Handzeichen, sondern nur anonymisiert abfragen, und man muss insbesondere sicherstellen, dass die verwendeten Fragen die für Mobbing relevanten Kriterien abdecken.

In der anerkannten JIM-Studie 2012 des MPFS heißt es zum Thema Cybermobbing:

“Die Grenze zwischen Peinlichkeiten, Beleidigungen und Cybermobbing ist je nach individueller Konstitution von außen nur schwer nachvollziehbar. Allerdings bestätigen 23 Prozent der Internet-Nutzer, dass es in ihrem Bekanntenkreis eine Person gibt, die im Internet schon einmal fertig gemacht wurde.”

Frage: Wie passen diese widersprüchlichen Ergebnisse zusammen? Antwort: Überhaupt nicht, denn es wurden völlig unterschiedliche Kriterien abgefragt und mit ganz unterschiedlichen Fragestellungen gearbeitet!

Es ist sehr schwierig, Mobbing trennscharf und eindeutig zu definieren, weil es nicht nur von der Intention der Täter, sondern auch ganz entscheidend vom Empfinden der Zielperson (ich sage hier bewusst nicht „Opfer“) abhängt, ob eine Situation als Mobbing empfunden wird oder nicht. Dieselbe Attacke, die der eine schlagfertig retourniert und damit die Lacher auf seine Seite zieht, kann bei einem anderen, sensibleren Menschen eine Narbe in der Seele hinterlassen.

Mobbing liegt aber unzweifelhaft vor, wenn negative Verhaltensmuster (also nicht eine einmalige Handlung) eine nachhaltige, dauerhafte, neagtive Wirkung auf die Betroffenen haben und ungleiche Machtverhältnisse herrschen, das Opfer sich also in der Regel einer Überzahl/Übermacht (letzters kann z.B. auch eine Lehrkraft sein) ausgesetzt sieht.

Diese entscheidenden Kriterien wurden aber in den beiden oben genannten Studien nicht angelegt, schon gar nicht in Bezug auf die in den Pressemeldungen geäußerten Kernaussagen. Insofern muss man beiden Studien die wissenschaftliche Validität absprechen, da schlicht nicht erfasst wurde, was erfasst werden sollte. Zudem stellt sich die Frage nach der Seriosität einer Pressemeldung, wenn deren Überschrift im weiteren Text offensichtlich ad absurdum geführt wird.

Eine (durchaus auch heftige) Auseinandersetzung unter zwei Jugendlichen, nach der man sich wieder verträgt oder zumindest in Ruhe lässt, ist – offline wie online, heute wie vor hundert Jahren – glasklar kein Mobbing, sondern ein ganz gewöhnlicher Vorfall, der u.a. auch dazu beiträgt, dass Sozialverhalten erlernt wird. Das beginnt schon im Sandkasten beim Streit um Schippchen und Förmchen, und Erwachsene sollten sich in all diesen Fällen erst einmischen, wenn die Heranwachsenden sich nicht selbst einigen können und die Situation zu eskalieren droht – sprich: Schippchen könnte auf dem Kopf landen. Erwachsene tragen auch in erster Linie durch ihre Vorbildfunktion dazu bei, dass Kinder sich bei Auseinandersetzungen fair verhalten – die vielen Fälle von Mobbing (offline wie online!) im Arbeitsleben lassen allerdings darauf schließen, dass hier einiges im Argen liegt!

Natürlich darf man die Fälle von Cybermobbing, die tatsächlich geschehen, keinesfalls verharmlosen, denn sie sind fast immer die Fortsetzung einer im Klassenzimmer oder in der Freizeit begonnenen Offline-Auseinandersetzung, der die Täter mit digitalen Mitteln eine weitaus heftigere Dynamik geben können, Cybermobbing erweitert Mobbing um zwei sehr schmerzhafte Dimensionen.

Zum einen haben Opfer von Cybermobbing kaum noch Rückzugsmöglichkeiten, denn die digitalen Anfeindungen dringen per DSL bis ins Kinderzimmer vor. Zum zweiten kann aus einem Vorfall unter einem Teil einer Klasse mittels Facerbook und Co. leicht eine Angelegenheit werden, über die sich eine ganze Schule oder eine ganze Stadt belustigt, und an der sich wildfremde Menschen mit „Likes“ und Kommentaren beteiligen. Damit fehlt dann auch jegliche Fluchtmöglichkeit, denn selbst die „Option Reißleine“, sich der Situation durch einen Klassen- oder Schulwechsel (ein pädagogischer SuperGAU, das Opfer geht, die Täter bleiben!) zu entziehen, ist in solchen Fällen unwirksam.

Zudem kommt es bei Onlinekommunikation mangels Mimik, Gestik und Intonation leicht zu Missverständnissen, der Zeigefinger liegt recht locker auf dem „Senden“-Button, weil man mutiger ist, wenn man sich hinter dem Bildschirm in Sicherheit wähnt (ein ähnlicher Effekt tritt beim Autofahren auf, wenn ansonsten eher friedliche Zeitgenossen hinter Windschutzscheiben zu Wutbürgern mutieren) und auch die Wirkung der eigenen Posts auf das Gegenüber ist nicht unmittelbar erkennbar.

Die gute Nachricht: Es lässt sich mit überschaubarem Zeiutaufwand präventiv sehr viel erreichen, indem man Cybermobbing mit den Schülern thematisiert und die oben genannten Probleme anspricht. Bei einer bestimmten Klientel erzielt auch das Aufzeigen der möglichen rechtlichen Folgen für die Täter und das Bewusstmachen der Tatsache, dass man bei Cybermobbing ausdruckbare Beweise liefert, durchaus Wirkung.

=> Auf dieser Seite biete ich dazu Materialien an, mit der man das Thema schon in einer einzigen Schulstunde effektiv aufarbeiten kann.

4 Gedanken zu „Schluss mit der Cybermobbing-Hysterie!

  • Günter Steppich

    Ein wirklich vielsagender Kommentar, der für sich selbst spricht, Antwort erübrigt sich…

  • Erstmal Guten Tag

    Diese komplette seite ist einfach nur dumm!!!
    Ich verstehe nicht wie man so ein sch*** Schreiben kann.
    Alles was nicht gesetzlich verboten ist sollte auch nicht so übertrieben thematisiert werden. Lasst die jugendlichen doch Jugendlich sein und konfrontiert sie nicht mit Verträgen die sie 1. Nichteinmal unterschreiben dürfen weil sie noch minderjährig sind und die man 2. Vielleicht im kindergarten ins klo hängen kann. Auserdem ist ein Aufruf gegen das Gesetz (das ja auch zum schutz da ist) zu verstoßen nur um kindern „angst“ vor „Gefahren“ im Internet zu machen nicht grade sehr sinnvoll. Außerdem: Sicherheitsprorgamme sind vollkommen sinnfrei weil sie für die hier angesproche Altersgruppe ohne Probleme zu umgehen ist ohne das überhaupt jemand davon etwas mitbekommt.
    Die einzige Lösung für euer banales sinnfreies Problem ist das Internet abzuschaffen. Denkt darüber mal nach!
    Gruß jemand der das Internet genieß solange es noch nicht von ahnungslosen spasten regiert wird

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